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Viktoria

Schokoeier suchen!

Leben in einer französischen Großfamilie

Von der Großstadt aufs französische Land
YFU Austria:

Welche Erinnerung kommt dir als erstes in den Sinn, wenn du an deine Gastfamilie denkst?

Viktoria:

Mit meiner Gastfamilie zusammen am Tisch zu sitzen und gemeinsam zu essen - Das ist sehr typisch für Frankreich. Allerdings war auch das gemeinsame Reden dort besonders wichtig und immer sehr angenehm. Ich denke auch an die Zeit im fremden Haus, das dann mit der Zeit doch auch mein eigenes wurde.

Eindrücke aus dem Austauschjahr
YFU Austria:

Verrate uns mehr über deine Gastfamilie! Wie können wir uns deine Gastfamilie vorstellen?

Viktoria:

Meine Gastfamilie lebt in einem ziemlich großen Haus, ungefähr in der Mitte zwischen Brest und Rennes. Das Nachbardorf hat ungefähr 2 000 Einwohner. Rundherum gibt es hautpsächlich Bäume, Kühe mit einen Kuhstall und ein paar Gehminuten entfernt noch ein paar andere Häuser. Mein Gastvater Pascal ist Milchbauer, Tierliebhaber, kaffeesüchtig, sehr bretonisch patriotisch, außergewöhnlich intelligent und unheimlich gebildet – von Geschichte und Politik bis hin zur alten Rockmusik weiß er fast alles! Meine Gastmutter Marie-Claire arbeitet als mobile Krankenschwester, war immer mit dem Auto unterwegs und ein wenig putzsüchtig. Sie ist eine fabelhafte Köchin mit immer neuen Rezeptideen. Sie hat eine Vorliebe fürs Stricken, Häkeln und für ausgefallene Küchenutensilien.
Meine Gastschwester Marie, damals 16, besucht den naturwissenschaftlichen Zweig ihres Lycées. Marie liebt Bücher und alte Literatur und ist ein Fan von Rock in allen Variationen. Marie ist wahrscheinlich einer der ehrlichsten und gutherzigsten Menschen, die ich kenne.

YFU Austria:

Welche Aktivitäten des Alltags hast du gemeinsam mit deiner Gastfamilie
unternommen? Kannst du uns davon erzählen?

Viktoria:

Ich hatte eine gleichaltrige Gastschwester, die in meine Parallelklasse ging. Wir haben daher viel Alltag zusammen erlebt: Angefangen beim Schulweg, bis hin zum Hausübung machen, Fernsehen und spazieren gehen. Auch sonst habe ich natürlich viel anderes mit meiner Gastfamilie gemacht, wie Großeinkäufe, Spaziergänge durch das "Dorfzentrum" und ich habe sogar ein paar Mal mit meiner Gastschwester das Auto geputzt (sehr lustig mit lauter Musik). Natürlich gab es auch immer wieder Besuche bei den Großeltern und Essen mit der Großfamilie, die ich alle sofort ins Herz geschlossen hab!
Es gibt, glaube ich, nichts besonderes zu erzählen. Es ist einfach nur interessant, den Alltag mit “fremden” Leuten zu teilen und es ist ein sehr schönes Gefühl, wenn sie mich an ihrem privatem Leben Teil haben lassen.

YFU Austria:

Erzähle uns doch davon, wie du das Zusammenleben mit deiner Gastschwester erlebt hast!

Viktoria:

Allgemein hab ich das Zusammenleben mit ihr als sehr angenehm empfunden, da ich in der Gastfamilie jemanden hatte, an dem ich mich orientieren konnte. Am Anfang war ich immer mit ihr und ihren Freunden unterwegs, bis ich meine eigenen gefunden habe und eigentlich die meiste Zeit mit ihnen verbracht habe. Natürlich ist sie mir manchmal auf die Nerven gegangen, was leicht passieren kann, wenn man zusammen wohnt und sich ein (wunderschönes) Bad und vor allem Eltern teilt. Wir sind glücklicherweise beide sehr friedfertige Menschen und daher haben wir uns meistens einfach zurückgezogen und danach war alles wieder gut.
Auch nach dem Semester hatte ich regelmäßigen E-Mail Kontakt mit ihr und in diesen Sommer, also ein Jahr danach, war ich wieder einen Monat bei ihnen. Ich hab dabei fast die ganze Zeit mit ihr verbracht und es war echt wieder wie damals. Da sie jetzt Facebook hat, schreiben wir nicht mehr so regelmäßig, sondern schauen eher, was der anedere macht. Ich vermisse sie total und sie ist eine echte Schwester für mich geworden.

YFU Austria:

War es für dich schwer, dich in der Familie zu integrieren? Was hast du getan, um das Vertrauen und Zuneigung deiner Familie zu erhalten?

Viktoria:

Es war eigentlich nicht so schwer, denn ich hab mich meistens an meiner Gastschwester orientiert: Wie sie sich zum Beispiel im Haushalt einbringt, wann sie alleine ist, wann sie was erzählt und so weiter. Das hat mir sehr geholfen! Am Anfang habe ich aufgrund der Sprachbarrieren einfach immer nur lieb gegrinst und gehofft, sympatisch rüber zu kommen. Danach habe ich mich besonders für ihre Sprache und Kultur interessiert und versucht, Fragen zu stellen. Ich habe von meinem Schulalltag oder von Freunden erzählt und natürlich auch Geschichten aus Österreich.

Andererseits muss ich schon sagen, dass ich mich nie komplett als ein Teil von ihnen gefühlt habe. Dafür, dass es sich um eine anfangs fremde Familie handelte, bin ich meiner Gastfamilie allerdings sehr nahe gekommen. Ich hatte jedoch nie das Gefühl, dass ich mich dort wohler fühle, als bei meiner eigenen Familie. Das werde ich wahrscheinlich nirgendwo sonst. :-)

YFU Austria:

Was ist die schönste Erinnerung, die du an das Leben mit deiner Gastfamilie hast?

Viktoria:

An meinem letzten Abend in Frankreich war ich gerade für eine Woche mit meiner Gastfamilie in Paris. Zufälligerweise war es auch der 50. Geburtstag meines Gastvaters, weswegen uns meine Gastmutter alle ins Moulin Rouge einlud. Dieser Abend war unbeschreiblich toll und hat sehr lange gedauert. Die Aufführung im Moulin Rouge war natürlich bezaubernd, aber auch dieses Gefühl, dass sie so ein tolles Erlebnis mit mir teilen wollten.

YFU Austria:

Jedes Land und jede Familie haben ihre eigene Traditionen. An welche Tradition oder an welches Fest kannst du dich ganz besonders erinnern und warum?

Viktoria:

Ostern war ziemlich lustig! Ich durfte mit 16 Jahren wieder Schokoeier mit meiner Gastschwester und meinem kleinem Gastcousin suchen, während die ganze Großfamilie bei der Oma gegessen hat. Allgemein waren die ganzen Familientreffen und die langen Essen mit Freunden bis in die Nacht hinein neu für mich, Teilweise waren sie etwas anstrengend, aber unglaublich köstlich!

YFU Austria:

Viele Austauschschüler*innen sagen, dass sie die Erlebnisse bei der Rückkehr in ihr Heimatland wie einen zweiten Austausch erlebt haben. Sie sagen, dass sie sich an viele Dinge wieder neu gewöhnen mussten und neu hinzu- sowie liebgewonnene Verhaltensweisen wieder ablegen mussten. Was fällt dir zu diesem Thema ein?

Viktoria:

Der erste Tag zu Hause war echt seltsam, mit meiner Familie Essen zu gehen und ich wusste nicht wirklich, wo ich mit erzählen anfangen soll. Aber ich habe mich schnell wieder eingelebt, obwohl sich in Wien für mich, vor allem familiär, aber auch unter meinen Freunden, viel geändert hat, als ich weg war und auch ich hab mich verändert. Da ich in Frankreich ziemlich brav und konservativ gelebt habe, habe ich meinen Sommer in Wien mit einer neuen, wilden Frisur eigentlich fast nur auf Festivals und in Discos und mit neuen Leuten verbracht, was sich dann auch wieder normalisiert hat. Also war eigentlich alles anders als zuvor. Ich hatte aber nicht wirklich ein Problem damit.